Nach einem ersten Hoch wieder in den Keller
- Christian
- 31. Dez. 2024
- 3 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 1. Feb.
Wer schon einmal mit Burnout oder psychischer Erschöpfung zu kämpfen hatte, kennt diesen Moment: Es scheint, als würde endlich alles besser werden – nur, um dann erneut in ein tiefes Loch zu fallen. Genau das ist mir passiert. Hier möchte ich von meinem Rückfall erzählen und wie ich es geschafft habe, langsam wieder bergauf zu kommen.

Das erste Hoch: Ein Lichtblick
Nachdem ich einige Wochen zu Hause war, begann ich mich besser zu fühlen. Es war, als hätte jemand einen Schalter umgelegt: Alles war heller, leichter, und ich spürte endlich wieder Energie.
In dieser Phase kehrte ein Stück Normalität zurück. Ich nahm meine alten Hobbys wieder auf: Ich las, ging spazieren und traf mich mit Freunden. Besonders der Sport tat mir gut. Endlich konnte ich mich wieder körperlich auspowern – etwas, das mir immer geholfen hatte, Stress abzubauen.
Doch genau hier lag das Problem. Statt langsam vorzugehen und auf meine Kräfte zu achten, wollte ich die verlorene Zeit aufholen. Ich plante meine Tage voller Aktivitäten und ignorierte die Signale meines Körpers. Ich dachte: „Jetzt, wo ich mich besser fühle, kann ich wieder alles schaffen.“
Diese Euphorie ließ mich übersehen, dass mein Körper und meine Psyche noch lange nicht vollständig erholt waren.
Der Rückfall: Tiefer als vorher
Nach einigen Wochen bemerkte ich die ersten Anzeichen, dass etwas nicht stimmte. Ich fühlte mich zunehmend erschöpft, obwohl ich doch so viel Positives unternahm. Kleine Aufgaben, die mich vorher begeistert hatten, begannen mich zu überfordern.
Eines Morgens wachte ich auf und spürte, dass etwas anders war: Die Dunkelheit war zurück. Die Hoffnung, die mich durch die letzten Wochen getragen hatte, war verschwunden. Es fiel mir schwer, überhaupt aufzustehen, geschweige denn, etwas zu unternehmen.
Dieser Rückfall traf mich hart. Ich fühlte mich, als hätte ich versagt – als ob all die Fortschritte nichts wert gewesen wären. Doch heute weiß ich: Ein Rückfall ist kein Zeichen von Scheitern, sondern ein Teil des Heilungsprozesses.
Warum Therapie in dieser Phase so wichtig ist
Dieser Rückschlag zeigte mir, wie entscheidend die Unterstützung durch meine Therapeutin war. Alleine hätte ich diese Phase nur schwer bewältigt. In den Sitzungen half sie mir, den Rückfall zu analysieren und die zugrunde liegenden Ursachen zu verstehen.
Wichtige Erkenntnisse aus der Therapie:
1. Überforderung erkennen: Ich lernte, die Warnzeichen zu identifizieren, die auf Überforderung hindeuten, wie Schlafprobleme, Reizbarkeit oder das Gefühl, ständig “unter Strom” zu stehen.
2. Grenzen setzen: Meine Therapeutin half mir, zu erkennen, dass es in Ordnung ist, auch mal „Nein“ zu sagen – zu Aktivitäten, Aufgaben oder sogar sozialen Treffen.
3. Achtsamkeit praktizieren: Kleine Übungen, wie bewusstes Atmen oder tägliches Reflektieren, halfen mir, wieder zur Ruhe zu kommen.
Die Therapie war nicht nur ein Ort, um meine Gefühle zu teilen, sondern auch eine Quelle praktischer Strategien, die ich im Alltag anwenden konnte.
Johanniskraut: Eine kleine Hilfe mit großer Wirkung
In dieser Phase begann ich – nach Rücksprache mit meinem Arzt – Johanniskraut einzunehmen. Dieses pflanzliche Präparat wird oft bei leichten bis mittelschweren Depressionen empfohlen und kann helfen, die Stimmung zu stabilisieren.
Wichtige Hinweise zu Johanniskraut:
• Es wirkt nicht sofort: Es dauert einige Wochen, bis sich eine spürbare Verbesserung zeigt.
• Wechselwirkungen beachten: Johanniskraut kann die Wirkung bestimmter Medikamente beeinflussen, z. B. die von Antibabypillen oder Blutverdünnern.
• Rücksprache mit dem Arzt ist unerlässlich: Jeder Mensch reagiert unterschiedlich auf Medikamente, auch auf pflanzliche.
Nach etwa vier Wochen bemerkte ich, dass meine Stimmung langsam stabiler wurde. Ich fühlte mich ausgeglichener und hatte wieder etwas mehr Energie, um mich meinen täglichen Herausforderungen zu stellen.
Kleine Schritte, große Erkenntnisse
Der Weg aus dem Burnout ist kein Sprint, sondern ein Marathon. Nach meinem Rückfall wurde mir klar, dass ich geduldig mit mir selbst sein muss. Ich begann, den Fokus auf kleine, machbare Schritte zu legen, statt große Erwartungen an mich zu stellen.
Das habe ich gelernt:
1. Reflexion ist entscheidend: Jeden Abend fragte ich mich: „Wie ging es mir heute? Was hat mir gutgetan, was hat mich überfordert?“ Diese Reflexion half mir, meine Grenzen besser zu verstehen.
2. Pausen sind erlaubt: Statt meinen Tag vollzupacken, begann ich, bewusst Pausen einzuplanen. Ein kurzer Spaziergang, ein Nachmittag mit einem Buch oder einfach mal Nichtstun – das half mir, meine Energie zu schonen.
3. Selbstfürsorge ist kein Luxus: Ich lernte, mir selbst Gutes zu tun, ohne mich dafür zu rechtfertigen. Sei es ein warmes Bad, ein freier Abend oder ein Wochenende ohne Verpflichtungen – Selbstfürsorge ist essenziell.
Was ich aus meinem Rückfall gelernt habe
Ein Rückfall fühlt sich oft wie ein Rückschritt an, aber in Wahrheit ist er ein Teil des Wachstumsprozesses. Durch diese Erfahrung habe ich gelernt, achtsamer mit mir selbst umzugehen und auf die Signale meines Körpers zu hören.
Wenn du selbst mit einem Rückfall zu kämpfen hast, möchte ich dir eines mitgeben: Es ist okay, sich hin und wieder schlecht zu fühlen. Wichtig ist, dass du weitermachst – in deinem eigenen Tempo.
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