Burnout bei Männern: Warum Schweigen krank macht
- Christian

- 19. Juni
- 3 Min. Lesezeit
Ich war nicht plötzlich krank.
Ich war lange still.

Nicht weil alles gut war – sondern weil ich dachte, ich müsste.
Weil ich glaubte, dass ein Mann stark sein muss.
Dass man Probleme für sich behält.
Dass man sich zusammenreißt, statt zusammenzubrechen.
Ich bin ein Mann.
Und ich habe Burnout erlebt.
Nicht über Nacht – sondern schleichend. Kein Knall.
Sondern ein langsames Verlöschen: weniger Kraft, weniger Freude, weniger Ich.
Das Schlimmste daran? Ich habe es niemandem erzählt.
Nicht meiner Partnerin, nicht meinen Freunden – nicht mal mir selbst so richtig.
Ich habe funktioniert.
Nach außen zumindest.
Heute weiß ich:
Nicht die Krise hat mich kaputtgemacht – sondern das Schweigen.
Weil ich dachte, ich müsste stark sein.
Weil ich dachte:
Männer reden nicht. Männer schaffen das allein.
Falsch.
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Warum Männer bei Burnout oft schweigen
Wenn ich heute zurückblicke, sehe ich nicht nur meine Geschichte.
Ich sehe ein Muster, das sich durch viele Männerleben zieht.
Wir lernen früh:
• Reiß dich zusammen
• Sei stark
• Zeig keine Schwäche
Als Jungen durften wir nicht weinen.
Mussten „tapfer“ sein.
Später hieß das: leisten, durchhalten, nicht jammern.
Gefühle?
Ja – aber nur die erlaubten: Wut. Vielleicht noch Ehrgeiz.
Trauer, Angst, Erschöpfung? Fehlanzeige.
Also lächeln wir.
Machen Witze, wenn’s ernst wird.
Und wenn’s nicht mehr geht, sagen wir:
„Passt schon.“
Aber innen drin sieht es oft anders aus:
• Leere
• Druck
• Scham
• Manchmal auch Wut auf sich selbst, weil man „es nicht hinkriegt“.
Viele von uns haben nie gelernt, mit solchen Gefühlen umzugehen.
Ich glaube: Das ist kein persönliches Versagen – sondern ein gesellschaftliches.
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Symptome: Wenn Männer Burnout nicht erkennen
Ich habe lange weitergemacht.
Funktioniert.
Dachte: Das geht schon wieder weg.
Tat es aber nicht.
Ich wurde gereizter.
Schlaflos.
Innerlich leer.
Die kleinsten Dinge haben mich überfordert.
Viele Männer erleben genau das – aber erkennen Burnout nicht sofort.
Denn psychische Erschöpfung bei Männern sieht oft anders aus:
• Rückenschmerzen, Magenprobleme
• Wutausbrüche „aus dem Nichts“
• Überstunden ohne Pause – damit man nicht nachdenken muss
• Alkohol, weil der Kopf abends nicht zur Ruhe kommt
• Schweigen, Rückzug, Abstumpfung
Man stumpft ab – nicht aus Kälte, sondern aus Selbstschutz.
Man funktioniert – aber lebt nicht mehr richtig.
Und irgendwann kommt der Punkt, an dem nichts mehr geht.
Der Zusammenbruch.
Der Blackout.
Das innere Ausbrennen.
Ich war da.
Und ich wünschte, ich hätte vorher hingeschaut.
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Wie mein Weg aus dem Burnout begann
Es war kein großer Knall.
Keine Erleuchtung.
Nur ein leiser Gedanke: „So geht’s nicht weiter.“
Ich bin zum Hausarzt.
Habe gesagt, dass ich nicht mehr kann.
Es war schwer.
Viel schwerer, als es hätte sein sollen.
Aber da hat sich etwas verändert:
Ich war nicht mehr allein mit meinem Druck.
Dann kam die Gruppentherapie.
Und da saßen Männer, die ich nie für „Typen mit Problemen“ gehalten hätte:
Handwerker. Manager. Väter. Studenten.
Und sie alle kannten dieses Gefühl.
Sie hatten geschwiegen – genau wie ich.
Dort lernte ich:
• Man kann reden, auch wenn man nicht weiß wie.
• Verletzlichkeit macht nicht schwach – sie verbindet.
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Was Männern mit Burnout helfen kann
Nicht jeder braucht sofort Therapie.
Aber jeder braucht einen ersten Schritt.
Was helfen kann:
• Ein Gespräch mit dem Hausarzt
• Eine Online-Beratung (z. B. männergesundheit.info)
• Ein vertrauter Mensch, der einfach nur zuhört
• Eine Gruppe, in der man merkt: Ich bin nicht der Einzige
Du musst das nicht allein schaffen.
Und du sollst es auch nicht.
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Für Frauen, die mitlesen
Vielleicht liest du das als Partnerin, Schwester, Freundin, Kollegin.
Vielleicht spürst du, dass mit einem Mann in deinem Umfeld etwas nicht stimmt – aber er redet nicht darüber.
Bitte nimm es nicht persönlich.
Es geht selten um mangelndes Vertrauen – sondern darum, dass wir nicht gelernt haben, wie man über Gefühle spricht.
Schon gar nicht, wie man um Hilfe bittet.
Was hilft:
• Geduld (auch wenn’s schwerfällt)
• Offene Fragen wie: „Wie geht’s dir – wirklich?“
• Zuhören, ohne sofort Lösungen zu bringen
• Und manchmal: einfach da sein
Manche Mauern fallen langsam.
Aber jede ehrliche Begegnung kann ein erster Riss sein.
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Eine Einladung an alle Männer
Wenn du dich hier wiedererkennst, dann will ich dir sagen:
Du bist nicht schwach.
Du bist nicht weniger Mann.
Du bist nicht allein.
Stärke zeigt sich auch im Reden. Im Zulassen.
Im ersten Schritt raus aus dem Schweigen.
Vielleicht ist dieser Text dein Anfang.
Vielleicht reicht heute ein ehrlicher Satz:
„Ich kann nicht mehr.“
Dann geh diesen Schritt.
Nicht perfekt.
Aber echt.
So fängt Heilung an.



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